Aus der Not heraus veranstaltete die Hochschulgastronomie des Studierendenwerk Vorderpfalz Ende 2022 ein Job-Speed-Dating, um Hilfskrรคfte zu finden. Wรคhrend vorangegangene herkรถmmliche Methoden des Recruiting wie Stellenanzeigen und selbst Social Media-Maรnahmen erfolglos blieben, brachte das Speed-Dating so viele Bewerber, dass sogar Warteschlangen entstanden.
Hat sich die Recruiting-Maรnahme am Ende ausgezahlt?
Worin liegen die Vorteile des ungewรถhnlichen Bewerbungsverfahrens?
Die Redaktion GVMANAGER hat nachgefragt.
Nachgefragt bei Andreas Dubiel, Leiter Hochschulgastronomie, Studierendenwerk Vorderpfalz
Herr Dubiel, wie kamen Sie auf die Idee, Mitarbeiter per Speed-Dating zu suchen?
Wenn ich ehrlich sein soll, war das eine Verzweiflungstat. Denn wir haben nicht eine einzige Bewerbung bekommen. Dabei hatten wir alle Register gezogen, sei es รผber Personaldienstleister, Anzeigen im Wochenblatt, Werbung auf Plakatwรคnden, Social Media, Indeed, Arbeitsagenturen und was es sonst so gibt, aber es kam: nichts!
Eines Abends beim Kochen kam mir dann die Idee mit dem Speed-Dating, ich habe darรผber geschlafen und wollte sie schon fast wieder verwerfen, weil sie mir zu albern vorkam. Tags drauf mit noch mehr Abstand dachte ich, es wรคre vielleicht doch einen Versuch wert. Die Geschรคftsfรผhrung und Personalabteilung stimmten mir zu.
Worin sahen Sie die Vorteile eines solchen Bewerbungsverfahrens?
Dass es durch und durch niederschwellig ist. Denn genau diese รberlegung ging meiner Idee voraus. Mir war klar, dass es fรผr manche Hilfskraft schon eine Hรผrde darstellt, einen aktuellen Lebenslauf oder ein Anschreiben zu erstellen, geschweige denn zu drucken.
Folglich haben wir โ revolutionรคr fรผr den รถffentlichen Dienst โ auf zwei wesentliche Elemente klassischer Bewerbungsverfahren verzichtet: Zum einen haben wir keine formellen Unterlagen vorausgesetzt. Zum anderen haben wir keine Termine vereinbart. Jeder Interessierte konnte zwischen 9 und 14 Uhr spontan vorbeikommen.
Damit man gegebenenfalls gleich Nรคgel mit Kรถpfen machen kann, habe ich zudem die Personalabteilung und den Personalrat mit ins Boot geholt und vor Ort gebeten.
Wie war dann der Ablauf des Speed-Dating?

Die Gesprรคche hat der Landauer Kรผchenchef Reinhard Rinck selbst gefรผhrt, und zwar direkt in der gut besuchten Mensa. Manche Kandidaten mussten ein bisschen warten, dafรผr hatten wir aber einen kleinen Wartebereich eingerichtet mit Getrรคnken und Snacks. Zudem konnte man sich direkt am potenziell kรผnftigen Arbeitsplatz umsehen. Wer um die Mittagszeit kam, konnte kostenlos bei uns zu Mittag essen, womit wir im Vorfeld auch geworben hatten. Die meisten Gesprรคche verliefen recht zรผgig und als es sich ballte, unterstรผtzte auch die Personalabteilung und รผbernahm den Part rund um Vergรผtung & Co. damit der Kรผchenchef sich dem nรคchsten Interessenten widmen konnte.
Wie zufrieden sind Sie mit dem Ergebnis?
Es hat sich auf jeden Fall gelohnt! Insgesamt haben sich ca. 20 Leute vorgestellt, die so geballt kamen, dass wir spontan noch Unterstรผtzung aus der Verwaltung anfordern mussten.
Nach den Probearbeitstagen mit den potenziellen Kandidaten, haben wir drei von fรผnf Stellen besetzt.
Wie haben Sie das Ganze beworben?
รber alle Kanรคle, sei es Social Media, das Jobportal Indeed oder Anzeigen im Wochenblatt. Unsere Kommunikationsabteilung hat zudem eine Pressemitteilung dazu geschrieben, die glรผcklicherweise von nahezu allen Medien verรถffentlicht wurde. Das hat uns sicher auch geholfen.
Wollen Sie das Speed-Dating fortfรผhren?
Das hรคngt davon ab, wie wir unsere Reihen kรผnftig schlieรen kรถnnen. Immerhin hat die Aktion tatsรคchlich am Ende zu den gewรผnschten Arbeitsvertrรคgen gefรผhrt. Wir konnten letztlich alle offenen Stellen besetzen, wenn auch manche davon erst nach dem Speed-Dating auf uns aufmerksam wurden.
Unabhรคngig davon war das Speed-Dating aber eine gute Mรถglichkeit, Kandidaten fรผr uns zu interessieren und vor Ort zu holen, kennenzulernen und sich zu prรคsentieren. Zudem hat die Aktion gezeigt, dass man im Hilfskrรคfte-Bereich die klassische Bewerbung gar nicht mehr braucht. Ich habe da auch noch nie auf eine seitenlange Bewerbung bestanden. So habe ich auch schon Kandidaten zum Gesprรคch gebeten, die mir nur drei Zeilen nach dem Motto: โHallo, ich mรถchte bei Ihnen arbeitenโ gemailt haben. Wichtig ist doch, dass jemand arbeiten mรถchte und kann.
In der jetzigen Zeit muss man seine Ansprรผche an Bewerbungsformalitรคten zurรผckschrauben โ zumindest im Bereich Hilfskrรคfte fรผr die Gastronomie.
Und ich denke, wir mรผssen noch flexibler bei den Arbeitszeiten werden und weitere Krรคfte auf 520-Euro-Basis suchen, auch bei Studierenden. Denn im Grunde ist das Nadelรถhr bei uns die Mittagessenausgabe. Kann hier jemand auch nur zweimal pro Woche unterstรผtzen, hilft das definitiv weiter. Aktuell haben wir einen Studierenden an der Essensausgabe nach diesem Modell angestellt. Er kommt sehr gut bei den Gรคsten an und macht einen tollen Job.
Mangelt es denn auch an Fachkrรคften?
Noch an keinem Standort hatten wir Probleme, Stellen mit Fachkrรคften zu besetzen. Allerdings zรคhlen bei diesen die Benefits, die wir gegenรผber der klassischen Gastronomie bieten, deutlich stรคrker als bei den Hilfskrรคften. Wer zu uns kommt, will bleiben.
So haben wir in den vergangenen zwei Jahren einige junge Kรถche und Kรถchinnen angestellt, die schon Familie haben, aber hochmotiviert sind und auch unsere Hilfskrรคfte mitreiรen. Beispielsweise kamen gerade fรผr die Umstellung unserer vegetarischen Linie 2 auf eine komplett vegane Linie viele tolle Ideen von den Jรผngeren.
Herzlichen Dank fรผr das Gesprรคch!
Steckbrief Andreas Dubiel
Nach seiner Lehre in einer Sternegastronomie mit ziemlich rauem Ton ist dem Koch Andreas Dubiel die Lust an der Gastronomie eigentlich vergangen. Um ganz aufzugeben, war er jedoch zu sehr Koch aus Leib und Seele, daher sattelte er zunรคchst eine Weiterbildung zum Diรคtassistenten auf. Diese Mischung aus Kochen, Ernรคhrung und Medizin fasziniert ihn noch heute. Fรผr den Aufstieg des langjรคhrigen Diรคtassistenten zum Kรผchenleiter legte er spรคter den Verpflegungsbetriebswirt nach. Im Oktober 2018 wechselte er schlieรlich vom Care-Bereich in die Leitung Hochschulgastronomie des Studierendenwerks Vorderpfalz. Mit einem Team von 76 Mitarbeitern betreibt er sechs Mensen sowie sieben Cafeterien, verteilt auf die vier Standorte Landau, Ludwigshafen, Worms und Germersheim. Die Essenszahlen liegen derzeit bei etwa 1.600 pro Tag, die Auslastung bei etwa 81 Prozent.
Herausragendes Onboarding der Traube Tonbach
Das Onboarding der CANtine โ Made by Traube Tonbach setzt Maรstรคbe. Wie begeisterte das Konzept Fรผhrungskraft Elina Gneipel bei ihrem eigenen Wechsel ins Unternehmen? Wie gestaltet die Assistentin der Geschรคftsfรผhrung das Onboarding selbst mit? Mehr dazu im Beitrag โMein neuer Arbeitgeber hat mich sofort begeistertโ.
Quelle: B&L MedienGesellschaft