Christian Schlösser kümmert sich als Koch des Deutschen Ski-Verbandes auch um die Ernährung und Verpflegung des rund 35-köpfigen deutschen Biathlon-Teams.
Quelle: Kevin Voigt

Ochsenbäckchen statt Pasta?

Auch Ochsenbäckchen, Grießbrei oder ein Löffelchen Nutella dürfen mal für Biathleten sein – so viel sei vorweg verraten. Während des Wettkampfes, wie dem aktuellen Biathlon-Weltcup, ist die Ernährung der deutschen Biathlon-Spitzensportler aber deutlich ausgewogener.

Wie schaut die Ernährung des deutschen Biathlon-Teams aus?

Zubereitet wird das Essen der Biathleten von Christian Schlösser, Koch des Deutschen Skiverbandes (DSV). In der Regel bekocht er während der Wettkämpfe eine Mannschaft von 20 bis 35 Personen, darunter maximal 14 Sportler. Der Rest stammt aus dem Trainerstab, teils kommen noch Techniker hinzu.

Angeboten werden täglich drei volle Mahlzeiten, also Frühstück, Mittag- und Abendessen plus ein Nachmittagssnack. „Mittag- und Abendessen machen den Hauptanteil aus und werden immer warm gekocht. Snacks sind z. B. Müsli, Joghurt, Quark, Obstsalat oder auch mal ein glutenfreier Kuchen“, erläutert Christian Schlösser, der von ein bis zwei Köchen unterstützt wird, je nach Mannschaftsgröße. „In Oberhof beispielsweise war ich alleine, wurde aber von Ordonnanzen der Bundeswehr unterstützt – alles ehemalige Köche, die ihre Handgriffe sehr gut beherrschen.“

Flexible Essenszeiten nötig

„Theoretisch – und wenn das Programm es erlaubt, können immer alle zusammen zu festen Zeiten essen. Praktisch sind die Essenszeiten häufig variabel“, konkretisiert der DSV-Koch. Zum Beispiel bietet er ab 6 Uhr Frühstück, damit die Techniker früh genug fertig sind, um die Ski-Technik für den Tag herzurichten. Die Sportler kommen oft erst ab 7 Uhr, wenn sie später Training haben auch mal erst um 8.30 Uhr. Bis der letzte gefrühstückt hat, ist es oftmals 10 Uhr. Auch beim Mittagessen kommt es auf die möglichen Trainingszeiten auf der Loipe an oder was vom Veranstalter vorgegeben wird. „Das Mittagessen zieht sich dann gerne mal von 11 bis 15 Uhr – je nachdem, ob zwischenzeitlich nochmal ein Wettkampf angesetzt ist. Nur beim Abendessen ist es in der Regel so, dass sich alle um 18.30 Uhr, spätestens um 19 Uhr, wie vereinbart treffen, um danach früh schlafen zu gehen“, ergänzt Christian Schlösser.

Christian Schlösser kümmert sich als Koch des Deutschen Ski-Verbandes auch um die Ernährung und Verpflegung des Biathlon-Teams.
Quelle: Schlösser

„Für nahezu jedes Trainingslager und jeden Weltcup sind wir woanders untergebracht, sodass wir nie genau wissen, was uns vor Ort an Küchentechnik erwartet. Hinzu kommen die etwas außergewöhnlicheren Wünsche der Sportler wie glutenfreie Haferflocken – hier wissen wir oftmals nicht genau, ob das vor Ort überhaupt zu bekommen ist.“

Christian Schlösser, Koch des Deutschen Skiverbandes

Herausforderung Location

Eine der größten Herausforderungen für den DSV-Koch und sein Team sind die wechselnden Gegebenheiten vor Ort. „Oft gibt es nur kleine Haushaltsöfen oder gar keine Backöfen, trotzdem können wir nicht sämtliche Technik mitnehmen“, schildert Christian Schlösser, der versucht, vorab an Bilder der Locations zu kommen und z. B. Wege zum Supermarkt zu prüfen. „Denn das alles spielt eine Rolle bei der Speiseplanerstellung und was vor Ort überhaupt funktionieren kann“, begründet er.

Nachgefragt bei Christian Schlösser, DSV-Koch

  • Wie kam Christian Schlösser zum Deutschen Skiverband?
  • Welche besonderen ernährungsphysiologischen Anforderungen bringt der Biathlon-Sportler mit sich?
  • Wie schaut es mit dem Genuss aus?

Das und noch vieles mehr hat der Mannschaftskoch der Redaktion GVMANAGER exklusiv verraten.

Herr Schlösser, Sie sind seit 2006 Koch des Deutschen Skiverbandes DSV, wie kam es dazu?

2005 habe ich den damaligen Bundestrainer für Skilanglauf, Jochen Behle, kennengelernt. Am Buffet haben wir uns über Sport und Olympia unterhalten, schnell kam die Rede auf die Olympischen Spiele 2006 in Turin. Auf die Frage, was ich denn im Februar mache, habe ich ganz frech geantwortet, dass ich einfach mitfahre und für das Team koche. Und so kam es dann auch: 2006 war ich das erste Mal mit dabei, seitdem habe ich immer mal wieder Olympische Spiele, Weltmeisterschaften und Trainingslager mitbetreut – seit 2022 sehr regelmäßig.

Wie haben sich die Ansprüche der Biathlon-Sportler in puncto Ernährung seitdem verändert?

Heute machen sich die Sportler deutlich mehr Gedanken als früher. Sie überlegen, was sie essen, wie viel sie essen und in welchen Kombinationen sie was zu sich nehmen. Wir haben verstärkt mit Intoleranzen zu tun, z. B. Gluten oder Laktose. Natürlich spielt auch die vegetarische Ernährung eine wichtige Rolle und wir haben auch Veganer im Team. Die große Herausforderung ist, jedem Sportler gerecht zu werden und alle Ansprüche unter einen Hut zu bekommen.

Was sind die besonderen Herausforderungen bei der gastronomischen Versorgung eines Events wie des Biathlon-Weltcups?

Die besondere Herausforderung bei der Versorgung unserer Teams liegt vor allem darin, dass wir uns regelmäßig auf neue Locations einstellen müssen. Für nahezu jedes Trainingslager und jeden Weltcup sind wir woanders untergebracht, sodass wir nie genau wissen, was uns vor Ort an Küchentechnik erwartet. Entsprechend müssen wir Induktionsplatten, Töpfe, Gewürze und so weiter immer dabeihaben. Normalerweise besteht mein Standard-Equipment aus drei Kisten mit zwei bis drei Induktionsplatten, Chafing Dishes, Thermomix, Handrührgerät sowie weiterem Werkzeug und Zubehör wie Ausstecher, Schäler, Messer, Schneidebrett oder auch Putztücher und Desinfektionsmittel.

Hinzu kommen die etwas außergewöhnlicheren Wünsche der Sportler wie glutenfreie Haferflocken – hier wissen wir oftmals nicht genau, ob das vor Ort überhaupt zu bekommen ist. Um keine bösen Überraschungen zu erleben, müssen wir uns daher sehr sorgfältig auf die vielen Veranstaltungen innerhalb einer Saison vorbereiten und im Zweifel für uns essenzielle Utensilien und Zutaten mitnehmen.

Welche besonderen ernährungsphysiologischen Kriterien sind zu erfüllen?

Für die spezielle Ernährung von Leistungssportlern versuchen wir natürlich so wenig Fett wie möglich einzusetzen sowie gute Kohlenhydrate und Eiweiße in einer passenden Mischung auf den Punkt zuzubereiten. Übergeordnetes Ziel ist, dass die Sportler pro Tag eine optimale Versorgung mit Nährstoffen erhalten. In der Vergangenheit haben wir auch mal versucht, für den einzelnen Athleten gerecht zu kochen – also vorher mit dem Ernährungsberater einen persönlichen Ernährungsplan für den einzelnen Sportler ausgearbeitet. Eine derart individuelle Verpflegung, bei der jeder zu 100 Prozent auf sich abgestimmte Mahlzeiten erhält, können wir aber durch das viele Reisen nicht leisten. Aber da wissen auch die Athleten selbst sehr gut, wie viel oder was sie vor jedem Training oder Wettkampf am besten essen sollten, sodass sie gut zurechtkommen.

Welche Zutaten gehen gar nicht?

Wir haben uns intern darauf geeinigt, komplett auf Schweinefleisch zu verzichten. Im Team haben wir keinen Athleten, der Schwein mag oder bevorzugt – daher fällt der Schweinebraten aus. Grundsätzlich versuchen wir vor den Wettkämpfen ein immer wiederkehrendes Menü anzubieten, sodass sich der Körper daran erinnert und auch daran gewöhnen kann, wenn eine größere Belastung bevorsteht. Dabei handelt es sich um einen leichten Gemüsereis, eine Pasta mit Tomatensauce und frische Kartoffelgnocchi.

Wie gelingt der Spagat zwischen einer funktionalen Sportlerernährung und Genuss?

Unsere Athleten sind genauso Menschen wie wir und brauchen auch den Seelenbalsam in Form von Ernährung. Wie man so schön sagt: Die Seele isst mit, und jeder is(s)t individuell. Daher achten wir neben der funktionalen Sportlerernährung sehr darauf, dass auch der Genuss nicht zu kurz kommt. Beim Frühstück bieten wir vieles an: Rührei, Omelett, Porridge, Birchermüsli, und vieles mehr. Aber an Ruhetagen gibt es auch mal Pancakes mit Ahornsirup oder Honig, auch mal mit einem Löffel Nutella, Milchreis mit Zimt und Zucker oder Grießbrei. Hier achten wir auch auf Regionalität und beziehen Produkte ein, die landestypisch sind, In Norwegen z. B. die dort typischen Blaubeeren für Kompott zum Grießbrei oder den norwegischen braunen Käse.

Warum können die Produkte der ExpertPartnership Sie bei der DSV-Mannschaftsverpflegung besonders gut unterstützen?

Wir freuen uns sehr, dass wir jetzt die neue, disziplinübergreifende Lieferantenkooperation mit den starken Partnern der ExpertPartnership haben. Bei Service-Bund und Sander beziehen wir Produkte in einer gleichbleibend hohen Qualität, auf die wir uns jederzeit verlassen können. Wenn wir innereuropäisch unterwegs sind, greifen wir auf uns bekannte Produkte in der von uns gewünschten Qualität zurück, wie Risotto, Pasta oder Mozzarella. Dadurch fahren wir viel entlasteter an einen Trainings- oder Wettkampfort, weil wir sicher sind, dass die Athleten alles gut vertragen und damit bestens versorgt sind.

Welche Produkte sind beispielsweise im Einsatz?

Aktuell beziehen wir hauptsächlich frische Ware wie Fisch oder Fleisch vom Service-Bund, aber auch Gewürze, Kartoffeln oder Gemüse. Weil die wechselnden Locations sehr viel Flexibilität von uns abverlangen, sind wir froh, ebenfalls auf die High-Convenience-Produkte von Sander zurückgreifen zu können – wie geschmorte Ochsenbäckchen oder das vielfältige Pâtisserie-Sortiment. Ein riesiger Vorteil ist neben der konstant guten Qualität, dass wir alles aus einer Hand bekommen, wenn uns der Service-Bund ohnehin mit Großhandelsware versorgt. Vor Ort kaufen wir dann meist nur Kleinigkeiten zu wie Hefe, Backpulver oder Zutaten, die ausgegangen sind.

Ochsenbäckchen und Patisserie würde man spontan nicht im Speiseplan eines Leistungssportlers vermuten – gibt es derartige Speisen tatsächlich rund um den Wettkampf?

Auch Ochsenbäckchen oder ein Dessert darf es innerhalb der Ernährung des deutschen Biathlon-Teams mal geben: allerdings nur am Ruhetag.
Passen Ochsenbäckchen tatsächlich zur Ernährung eines Biathlon-Spitzenteams? (Quelle: Sander Gruppe)

An einem Ruhetag kann tatsächlich auch mal ein Ochsenbäckchen gegessen und von einem Grießbrei begleitet werden. Hier liegt der Stellenwert mehr auf Genuss für den Moment. Wobei aber auch hier natürlich, wie bei allen Mahlzeiten der Sportler, etliche Alternativen in Form von Fisch, Fleisch und natürlich Salaten angeboten werden.

Wie sehen die küchentechnischen Gegebenheiten vor Ort aus und was bedeutet das für den Vorverarbeitungsgrad der Produkte?

Soweit das möglich ist, nehme ich am liebsten meine Küchengeräte selbst mit und versuche auch, vor Ort alles frisch zuzubereiten – ob das jetzt Serviettenknödel oder Kartoffelgnocchi sind. Ich glaube, das macht in puncto Geschmack und vollwertige Gesamtversorgung viel aus. Die Athleten wissen das sehr zu schätzen und honorieren unsere Arbeit mit viel Lob. Natürlich gibt es aber auch Örtlichkeiten, an denen die Einkaufsmöglichkeiten so minimiert sind, dass man auf Convenienceprodukte angewiesen ist. So wird auch mal eine fertige Pasta, Ravioli, Gnocchi oder Maultaschen angeboten. Aber grundsätzlich bleibt es unsere Philosophie, so viel wie möglich selbst zu machen.

Wie stehen Sie generell zu Convenienceprodukten?

Natürlich schmeckt mein frisch selbst durchgepresster Kartoffelpüree anders als der fertig zugekaufte. Besonders für unsere Athleten, die immer unterwegs und weit von Zuhause weg sind, übrigens auch nicht gerade luxuriös wohnen, macht ein gutes selbstgekochtes Essen den kleinen aber feinen Unterschied.

Hinzu kommt: Teilweise bedürfen die fertig vorbereiteten Produkte wie Spätzle auch einer durchgehenden Kühlung, die unterwegs nicht immer gewährleistet werden kann. Denn die Zutaten bringe ich meist aus Deutschland mit, wo ich schon vieles vorbereite. Und das geht nicht immer, da es Beschränkungen hinsichtlich der Lebensmittelmitnahme in Ländern außerhalb der EU gibt, etwa in der Schweiz oder Norwegen. Das heißt, für Convenienceprodukte fehlt häufig auch einfach die Gelegenheit.

Grundsätzlich bin ich aber der Meinung, dass vorbereitete Produkte heutzutage sehr hohe Standards hinsichtlich Qualität, Zubereitung, Optik und Geschmack erfüllen und daher besonders für die Verpflegung während Großveranstaltungen wie den VIP-Bereichen eine tolle Lösung sind. Deshalb ist Sander seit dieser Saison offizieller Lieferpartner des DSV.

Wie wichtig ist Ihnen beim Servieren Optik und Esskultur?

Optik und Esskultur spielen natürlich eine Rolle. Aber unsere Athleten legen den größten Wert auf den Geschmack – und die Portionen, also dass sie sich selbst auch mal ein bisschen mehr Kartoffelpüree oder etwas mehr oder weniger Gemüse nehmen können. Wenn es aber die Gegebenheiten vor Ort erlauben, auch mal einen Tellerservice anzubieten, dann wollen wir das natürlich auch nutzen und zeigen, dass wir mehr können als Chafing Dish mit leckeren Gerichten herausstellen. Hier ist eine gute Mischung das richtige Rezept.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

beenhere

Cook & Chill – wie geht’s in der Praxis?

Cook & Chill sei nur warm gemachtes Essen, dafür müssen Küchen technisch stark aufrüsten und man brauche viel mehr Energie – gängige Vorurteile gegenüber dem Produktionssystem, die wir mit Unterstützung des Praktikers Jürgen Bergjan in einer dreiteiligen Serie über Cook & Chill ausräumen.

Quelle: B&L MedienGesellschaft

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