Das Projektteam Demenzrestaurant Zum Augenblick der Häuser zum Leben – KWP, das als GV-Team des Jahres 2024 nominiert ist.
Quelle: Markus Morianz/Häuser zum Leben/GVMANAGER

Projektteam Demenzrestaurant Zum Augenblick: Nominiert als GV-Team des Jahres 2024

Neben drei klassischen Küchen- bzw. Gastro-Teams ist auch ein interdisziplinäres Projektteam als GV-Team des Jahres 2024 nominiert: Das 8-köpfge GV-Team „Demenzrestaurant Zum Augenblick“ der Wiener Häuser zum Leben – KWP.

Die Senioreneinrichtungen Häuser zum Leben des Kuratoriums Wiener Pensionisten Wohnhäuser (KWP) betreuen täglich rund 8.500 Senioren an 30 Standorten in Wien, darunter auch viele Demenzkranke. Das Projektteam, dessen acht Mitglieder im Schnitt 13 Jahre für die KWP tätig sind, ist entsprechend auch besonders sensibilisiert für diese besondere Klientel. So kam die Idee im GV-Team auf, von Demenz beeinträchtigten Bewohnern einen geschützten Rahmen zu bieten, um ohne Hemmungen auch mal wieder „schick“ und in Gesellschaft von z. B. Angehörigen essen gehen zu können.

„Wir sehen nicht Menschen mit einer Demenz-Diagnose als Problem, sondern die Rahmenbedingungen. Und die wollen wir ändern. Und zwar auf einem hohen gastronomischen Niveau. Der Erfolg unserer Initiative gibt uns Recht.“

Robert Guschelbauer, Leiter des gastronomischen Bereichs, Häuser zum Leben – KWP

Interdisziplinäres GV-Team

Ausgehend von der Restaurantidee des Küchenchefs wurde in einer einzigartigen Kooperation aus acht Fachkräften der Bereiche Küche, Pflege und Betreuung, Diätologie sowie Verwaltung gemeinsam an einem À-la-carte-Konzept getüftelt. „Wir haben ein spannendes und innovatives Projekt auf die Beine gestellt, indem wir bereichsübergreifend an einem Strang gezogen haben und jeder seine fachliche Expertise eingebracht hat“, berichtet ein Mitglied des nominierten GV-Teams. „Ich bin sehr stolz, bei so einem speziellen Projekt mitwirken zu dürfen“, ergänzt eine anderes Teammitglied.

Demenzrestaurant als Pop-up-Restaurant in einem Speisesaal

Das Ziel: Die an Demenz erkrankten Personen sollten selbstbestimmt an der Veranstaltung teilnehmen können, indem um sie herum ein System geschaffen wird, dass ihnen die Möglichkeit gibt, eigene Entscheidungen zu treffen und selbstständig zurechtzukommen. Die Bewohner sollten wieder als Teil der Gesamtgesellschaft agieren können.

Umgesetzt wird das Ganze in Form eines Pop-up-Restaurants. Dafür wurde bislang viermal pro Jahr der Speisesaal des Hauses Döbling geringfügig umgebaut und etwas großzügiger als normal bestuhlt und mit Grünpflanzen als Abgrenzung bestückt.

Egal ob ein Candle Light Dinner mit dem geliebten Partner oder ein Familienessen mit Eltern, Oma und Opa: Die Gäste können hier einen wunderschönen, entspannten Abend mit einem gehobenen Speisenangebot zu moderaten Preisen verbringen.

Während im regulären Gastronomiebetrieb das Personal mintunter überfordert von der Klientel ist, steht im Pop-up-Restaurant speziell geschultes Servicepersonal sowie Pflegepersonal für etwaige Unterstützung und Betreuung bereit. Man ist unter sich und muss weder verstohlene Blicke noch Getuschel anderer Gäste befürchten, weil sich der Angehörige nicht „angepasst“ verhält.

In diesem Sinne entstand auch der Konzeptname „Zum Augenblick“. Er bedeutet: Wir sorgen uns nicht um das Gestern oder das Morgen, sondern genießen gemeinsam den wundervollen Augenblick!

Spezielles Speisenangebot für an Demenz Erkrankte

Szene aus dem Demenzrestaurant Zum Augenblick der Häuser zum Leben – KWP, dessen Projektteam als GV-Team des Jahres 2024 nominiert ist.
Quelle: Markus Morianz/Häuser zum Leben

Die Speisen sind auf die Bewohner abgestimmt und können, etwa bei Kau- und Schluckbeschwerden, auch als gemixte Kost geordert werden. Bei der Speiseplanung wurde das GV-Team daher auch von der Forschungsküche der Häuser zum Leben und den Lehrlingen des gastronomischen Bereichs unterstützt. Der Fokus liegt auf vorwiegend bekannten Speisen wie Wiener Schnitzel mit Erdäpfelsalat, Spaghetti Bolognese, Kümmel- oder Zwiebelrostbraten, Lachsfilet oder geschmortes Schulterscherzl vom Rind.

Die À-la-carte-Gerichte werden mit regionalen Zutaten frisch vor Ort zubereitet und können individuell zu Menüs kombiniert werden. So gibt es neben den fünf Hauptgerichten à 14 Euro, zwei Suppen à 4 Euro, zwei Vorspeisen à 8 Euro und zwei Desserts à 6 Euro zur Auswahl.

Einfache Sprache, reduziertes Ambiente

Die Ausarbeitung von Einladungen und Speisekarten erfolgt in einfacher Sprache. Zudem ist die Karte bebildert, zum leichteren Verständnis für die Betroffenen. Eine weitere Besonderheit: Das Hauptprodukt des jeweiligen Gerichtes wird groß geschrieben und die Beilagen etc. kleiner. Dies ermöglicht es, den von Demenz Betroffenen leichter das Gericht zu erkennen, ohne vom Rundherum überfordert zu werden.

Bei der Bestellung wird immer nur eine Menükomponente auf einmal abgefragt und zwar mithilfe von am Tisch präsentierten Schautellern.

Die Raum- und Tischgestaltung ist reduziert, es gibt z. B. keine Tischnummern, sondern Fotos mit Wiedererkennungswert. Zudem befinden sich nur jene Geschirr- und Besteckteile am Tisch, die für die jeweilige Menükomponente notwendig sind.

Gänsehaut bei allen Beteiligten

Wie lautet das Resümee? „Die Möglichkeit mit geliebten Menschen ‚wie früher‘ schön essenzugehen, ist bei jedem Pop-up-Restaurant aufs Neue für die Anwesenden – vom Bewohner, über Angehörige bis hin zu uns aus dem Team – ein Gänsehaut-Moment!“, resümiert Robert Guschelbauer, Leiter des gastronomischen Bereichs der Häuser zum Leben.

„Projekte wie diese, führen uns vor Augen wie wert,- und sinnvoll unsere tägliche Arbeit ist“, ergänzt Projektleiter Bernhard Weislav aus dem Gastronomischen Management und der Qualitätssicherung bei den Häusern zum Leben. Indirekt sieht er darin auch einen Beitrag zu der sehr geringen Fluktuation und dem guten Arbeitgeberimage der KWP. „Vor allem in der Gastronomie kann das Motto ‚Arbeit mit Sinn‘ eine Motivation sein in die Gemeinschaftsgastronomie zu wechseln“, ergänzt er.

Projekt extern skalierbar

Wie geht es weiter mit dem bislang rein internen Projekt? Das Projektteam erwägt, sein gebündeltes Know-how auch externen Interessenten zur Verfügung zu stellen, z. B. im Rahmen von Broschüren, Plakaten und Schulungen. „Die Weitergabe der Kompetenzen und Erfahrungen unseres Teams aus Küche und Service sowie Diätologie kann einen großen Beitrag leisten zu einer gesellschaftlichen und gesellschaftspolitischen Akzeptanz von Menschen mit Demenz in Restaurants“, stellt Bernhard Weislav in Aussicht. Die Vision des Teams: Langfristig soll es genau so normal sein, in Restaurants neben demenziell erkrankten Menschen zu sitzen, wie neben Rollstullfahrenden, blinden oder gehörlosen Menschen.

„Wir sehen nicht Menschen mit einer Demenz-Diagnose als Problem, sondern die Rahmenbedingungen. Und die wollen wir ändern. Und zwar auf einem hohen gastronomischen Niveau. Der Erfolg unserer Initiative gibt uns Recht“, resümiert Robert Guschelbauer, Leiter des gastronomischen Bereichs der Häuser zum Leben.

Feedback der Gäste

Im Rahmen dieses À la carte-Restaurants wird eine sichere Lernumgebung – ohne erhobenen Zeigefinger – angeboten. Dies kann Angehörige befähigen, in Alltagssituationen entspannter mit den Bedürfnissen der demenziell Erkrankten umzugehen und sich nicht (mehr) zu „verstecken“.
Was sagen die Angehörigen, die bereits im Demenzrestaurant Zum Augenblick der Häuser zum Leben zu Gast waren, dazu?

„Früher sind wir gerne mit der ganzen Familie zum Heurigen gegangen. Seitdem meine Mutter an Demenz erkrankt ist, hat sich das leider aufgehört. Wir freuen uns sehr, dass das jetzt wieder möglich ist.“

„Bei einem Besuch in einem regulären Restaurant stehen wir vor vielen Herausforderungen. Benimmt sich mein Vater in einem ‚normalen‘ Gasthaus etwas anders – so pfeift er heute etwa fröhlich eine Melodie zwischen den Gängen – hat man sofort das Gefühl, dass sich die

anderen Gäste gestört fühlen. Wir freuen uns daher sehr, dass es jetzt diese Möglichkeit bei den Häuser zum Leben gibt.“

„Es war ein ausgelassener Abend. Ein Treffen wie früher im Restaurant, mit Familie und Freunden. Die Stimmung war spürbar gut und alle waren von der Küche, dem Menü und dem Service begeistert.“

„Das kulinarische Angebot war herausragend. Hervorragend zubereitet, zuvorkommend serviert, einfach perfekt. Ein geschmackliches Erlebnis, an das wir uns gerne erinnern werden.“

info

Wer ist noch nominiert?

Als GV-Managerin bzw. GV-Manager des Jahres 2024 gehen weitere vier Kandidaten ins Rennen: Janina Briese, Nadine Lehrieder, Ewald Schüle sowie Christian Wieser. Als GV-Team des Jahres treten u. a. auch die Betriebsgastronomie CANtine – Made by Traube Tonbach vom Standort Karlsruhe sowie die Küche der Isar Kliniken München an.

Quelle: B&L MedienGesellschaft

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