Statt bekannte Gerichte zu veganisieren, womöglich noch mit Fleischersatzprodukten, empfiehlt es sich neue vegetarisch-vegane Kreationen aufzusetzen und besonders zu würzen. Wie das geht, weiß Pascal Haag. Der auf vegane Küche spezialisierte Koch war unter anderem sieben Jahre lang als Rezeptentwickler und Kochkursleiter im Schweizer Restaurant Hiltl tätig, dem ältesten vegetarischen Restaurant der Welt. Darüber hinaus tüftelt er in Kooperation mit der Gewürzmanufaktur SoulSpice an außergewöhnlichen Gewürzen.
„Gewürze können so viel Geschmack und Aroma bringen, dass man das Fleisch in Gemüsegerichten nicht mehr braucht bzw. vermisst.“
Pascal Haag
Sein Wissen teilt er gerne und sehr leidenschaftlich mit anderen Köchen und Praktikern, wie jüngst im Auftrag von apetito catering an mehreren betriebsgastronomischen Standorten des Caterers. Vertreter der Redaktion GVMANAGER nahmen ebenfalls teil und geben die Tipps von Pascal Haag gerne weiter.
Die richtige vegetarische Würze – 3 Rezept-Beispiele
Ofen-Blumenkohl orientalische Art
Blumenkohl mit Tofu und weißen Bohnen? Was fad und farblos klingt, kann mit dem richtigen „Grünzeug“ und etwas Würze ein attraktives vegetarisch-veganes Hauptgericht werden. Die drei Top-Kniffe, die das Rezept von Pascal Haag so spannend machen?
- Der Blumenkohl wird im Ofen geröstet.
- Ein Öl, versetzt mit der orientalischen Gewürzmischung Dukkah, setzt einen farbigen wie geschmacklichen Akzent.
- Tofu wird mariniert, als Topping zerbröselt und mit Kräutern vermengt.
Das Rezept von Pascal Haag erntete auch durchweg positives Feedback unter den 15 Teilnehmern seines Workshops – einer bunten Mischung, vom Azubi über die Beiköchin bis hin zum Gebietsleiter.
Wer Blumenkohl etwas klassischer servieren möchte, dem empfiehlt Pascal Haag, ihn mit Café de Paris – pur oder verrührt in veganer Butter – zu würzen.
Orientalische Würzmischungen für Experimentierfreudige
Experimentierfreudigen legt Pascal Haag – gerade für die vegetarisch-vegane Küche – das breite Spektrum weiterer orientalischer Gewürze ans Herz:
- Ras El Hanout:
Das marrokanische Gewürz schlechthin, ohne das dort kein Gericht auskommt, passt perfekt zu Couscous und Reisgerichten. Die Zusammensetzung varriiert je nach Region, manche Dörfer hüten ihre persönliche Mischung aus bis zu 100 Zutaten wie ein Geheimrezept. Standardzutaten sind Cumin, Kurkuma, Ingwer, Kardamom, Koriander und Muskat, aber auch Rosenknospen oder Lavendelblüten werden beigemischt. - Za’atar:
Der libanesische Gewürzklassiker besteht aus u. a. geröstetem Sesam, Sumach, Cumin und mediterranen Kräutern. Traditionell wird Za‘atar mit Olivenöl angerührt und vor dem Backen auf ein Fladenbrot gestrichen. Doch auch als Dip für Gemüse ist es eine schmackhafte Alternative. - Berbere:
Die Gewürzmischung, die in der äthiopischen und eritreischen Küche beheimatet ist, hat Pascal Haag hat für SoulSpice aus u. a. Paprika, Koriander und Bockshornklee komponiert. Sein Zubereitungstipp: Mit Zwiebeln und roten Linsen kochen und zu Fladenbrot oder Reis reichen. Das Aroma entfaltet sich besonders gut in Schmorgerichten, Eintöpfen und Suppen, z. B. mit Hülsenfrüchten, Wurzel- und oder Kohlgemüse.
Tomate liebt Zimt
Wie ein Gewürz, das bei uns klassisch Süßspeisen abrundet, eine ungewöhnliche Note in herzhafte Speisen bringen kann, zeigte Pascal Haag mit seiner Fregola Sarda. Gekocht in Tomatenpassata mit einem Schuss Balsamico, wurde diese abgeschmeckt mit Zimt. „Zimt harmoniert hervorragend mit Tomaten“, begründet Pascal Haag.
Zimt ist nicht gleich Zimt!
Achtung! Beim Einkauf von Zimt gilt es zu unterscheiden zwischen dem gesundheitlich positiv zu bewertenden Ceylon Zimt und Cassia Zimt, der verhältnismäßig viel leberschädigendes Cumarin enthält. Und woran erkennt man, um welche Sorte es sich handelt? „Ceylon Zimt wird aus dem Bast unter der Rinde gewonnen und besteht daher aus vielen feinen Schichten, während Cassia Zimt an seiner dicken Rollenstruktur zu erkennen ist. In gemahlener Form ist das leider nicht mehr zu sehen und wird oft auch nicht gekennzeichnet“, warnt Boris Rafalski von SoulSpice, der aus Erfahrung weiß, dass meist der günstigere Cassia Zimt als Pulver verkauft wird. SoulSpice dagegen bezieht beispielsweise nur echten Ceylon Zimt aus Sri Lanka, der noch dazu 100 Prozent Bio und fair gehandelt ist.
Würziges Topping
„Gewürze können auch als Topping spannende Akzente setzen“, berichtet Pascal Haag und verweist auf das dritte Gericht des Workshops: Gerste mit Topinambur, Kräuterseitlingen und Rucola. Getoppt wird es mit Green Umami, ebenfalls eine Kreation von Pascal Haag, in die er besonders viel Herzblut gelegt hat. Sein Ziel war, damit eine absolut natürliche Alternative zum in der Schweiz gängigen Universalwürzmittel „Aromat“ zu schaffen.
Zusammengesetzt aus u. a. Schabzigerklee, Kümmel, Koriander, Paprika und ganzen Hanfsamen erinnert es im Geschmack „an Omas Bohneneintopf“, wie es ein Workshop-Teilnehmer auf den Punkt bringt.
Pascal Haag ist mit dem Ergebnis, an dem er lange getüftelt hat, sehr zufrieden: „Green Umami spricht inzwischen für sich statt nur Ersatz zu sein und kann viele Gerichte abrunden, sei es Ofengemüse, unser Gerstengericht oder ein Salat aus Kohlrabi oder Gurken.“ Für Großverbraucher gibt es die Mischung, die den Arbeitstitel Hanfsamen-Gewürz trug, aber auch ohne Hanfsamen.
Dessert mal anders
Auch in Desserts darf es laut Pascal Haag mal was anderes als Vanille oder Zimt sein. So schwört er auf eine Schokoladenmousse mit Garam Masala oder weißen Pfeffer als Schärfekick in Desserts mit Vanille und Tonkabohne.
Fazit
Das Fazit des Workshops: Qualitativ hochwertige Gewürze und kreative Mischungen können die vegetarisch-vegane Küche zum geschmacklichen und optischen Highlight machen – und über die fehlende Fleischeinlage hinwegtrösten. Doch was bedeutet das für den Wareneinsatz? „Die SoulSpice-Gewürze sind etwas teurer als unsere bisherigen Qualitätsgewürze“ berichtet Michael Rabe, Betriebsleiter der Gastronomie im Hause Dürr Systems, aus Erfahrung. „Doch ich brauche im Gegenzug 30 bis 40 Prozent weniger davon, dafür manchmal etwas mehr Salz.“ Infolgedessen ist Michael Rabe schon dabei schrittweise umzustellen, und manch Kollege von apetito catering wird es ihm sicher gleichtun.