Eine vegane Sterneküche, die auf Selbstversorgung und Labortechnik setzt? Und obendrein auf Gewürze verzichtet? Das Seven Swans macht es vor.
Quelle: Simon Bolz, Ricky Saward

Seven Swans: radikal, regional, vegan

Ein Sterne-Restaurant, in dem der Geschäftsführer gleichzeitig Küchenchef und Restaurantleiter ist? Und das noch dazu auf Selbstversorgung sowie vegane Küche setzt und oben drauf auf Gewürze verzichtet? Das alles gibt es im Seven Swans in Frankfurt am Main.

Das kleine Team des Seven Swans besteht aus vier Mitarbeitern unter der Leitung von Ricky Saward, der die Küche, das Lokal und Geschäftliches leitet. Seit 2021 ist er Miteigentümer und teilt sich mit Christian Velthuizen die Geschäftsführung. Der Gastronom veranschaulicht die Entwicklung des Betriebs: „Ich übernahm 2018 das vegetarische Sternerestaurant. 2019 stellten wir dann auf vegan um. 2020 folgte der erste Stern für ein veganes Konzept. Neben dem Seven Swans gibt es nur ein weiteres rein veganes Sternerestaurant in Frankreich. “ Bereits 2019 erhielt das Restaurant den Nachhaltigkeitspreis des Guide Michelin. Auch 2021 und 2022 bekam es einen Michelin-Stern sowie den Grünen Stern des Gastroführers.

Ein wahrer Tausendsassa: Ricky Saward. (Quelle: Ricky Saward)

Seven Swans setzt auf Selbstversorgung

Da das vegane Lokal auf das Prinzip der Selbstversorgung setzt, bauen die Mitarbeiter Gemüse und Kräuter auf der eigenen, drei Hektar großen Permakultur Braumannswiesen in Bad Homburg an. Bis zu 340 Sorten werden dort angebaut. Dazu gehören etwa Nahrungsmittel, die bereits in Vergessenheit geraten waren, oder Produkte, die nicht unbedingt mit Sterneküche verbunden werden. Kiefernzapfen, Birkenwasser oder unreife Vogelkirschen beispielsweise.

„Wir bauen alles an, worauf wir Lust haben. Es muss Sinn machen und einen regionalen Ursprung besitzen“, äußert sich Ricky Saward. Aus diesen Zutaten erschafft die Küche dann Gerichte wie „Karotte, Paprika, Eberesche“ – über sechs Stunden dehydrierte, marinierte BBQ-Karotten mit auf Holzkohle gegrillter, eingelegter Paprika und fermentierter Eberesche.

Sterneküche ohne Gewürze

Ungewöhnliche Zutaten treffen also aufeinander, und mit Konsistenzen wird gespielt. Ganz nebenbei verzichtet die Küche auf sämtliche Gewürze. Wie der Geschmack in den Gerichten trotzdem nicht zu kurz kommt, erläutert der 1989 geborene Küchenchef: „Wir arbeiten mit dem Eigengeschmack der Produkte und wollen diesen nicht mit irgendwelchen Gewürzen verfälschen. Süße zum Beispiel bekommen wir durch Zuckerrüben oder Birkensaft, den wir selber zapfen. Säure erhalten wir durch selbstgemachten Essig, Saft von unreifen Trauben oder entsaftete Chinesische Zierquitte im Herbst.“ Beim Salz hingegen verhält es sich anders, da dieses genau genommen kein Gewürz, sondern ein Mineral ist. Steinsalz aus Berchtesgaden kommt hier zum Einsatz.

Fermentiert, eingemacht, intensiviert

Diese radikal regional-vegane Küche bedingt zudem spezielle Kochtechniken. Wie bei „Karotte, Paprika, Eberesche“ steht Fermentation als eine der älteren Techniken hoch im Kurs, aber auch das Einmachen ist eine essenzielle Methode in der Küche des Seven Swans. „Zeitgemäße Labortechnik“, wie Ricky Saward sie bezeichnet, kommt in Form eines Rotationsverdampfers zum Einsatz. Unter Gebrauch dieses Geräts bleiben Aromen zum Beispiel gänzlich erhalten, ohne Zutaten zu stark zu erhitzen. So werden diese schonend intensiviert.

„Mit dem Strom zu schwimmen ist immer leicht.“

Ricky Saward

Wie sich das Team sein veganes Kochwissen aneignete, erläutert Ricky Saward: „Wenn man Pionier ist – ohne jetzt überheblich klingen zu wollen–, ist man ein wenig auf sich allein gestellt. Vegan auf dem Niveau zu kochen ist nicht einfach bei Rezepten, die tierische Produkte mit irgendwelchen Ersatzprodukten ersetzen – und fertig ist das Gericht. Regionalität erschwert das Ganze. Das Angebot an veganer Kost ist überschaubar, Fine Dining ist da noch rar. Da hilft nur in der Küche stehen, ausprobieren und hoffen, dass man kreativ genug ist.“ Die Novellierung der Kochausbildung, die jüngst beschlossen wurde und nun auch vegetarisch-veganes Wissen einbezieht, ist in Ricky Sawards Augen daher auch längst überfällig.

Eine Herausforderung ist das vegane Kochen auf Sterne-Niveau damit allemal. Aber, so erkennt es der Koch: „Mit dem Strom zu schwimmen ist immer leicht.“

info

Seven Swans im Portrait


Wer noch mehr über die Namensherkunft, das Prinzip Selbstversorgung sowie die besondere Location des Seven Swans erfahren möchte, sollte die Reportage „Radikal vegan“ in der Sonderausgabe 24 Stunden Gastlichkeit, Ausgabe 04/2022, unbedingt lesen.

Quelle: B&L MedienGesellschaft

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