Der 2. Deutsche Ernährungstag 2025 stand im Zeichen gesunder Kinderernährung.
Quelle: BMLEH

2. Deutscher Ernährungstag 2025 – Impulse für eine gesunde Kinderernährung

Wie gelingt gesunde Kinderernährung in Kita, Schule und Klinik – unabhängig von Herkunft, Budget und Wohnort? Dieser Frage widmete sich der komplett ausgebuchte 2. Deutsche Ernährungstag 2025, der am 4. Juni in Berlin stattfand. Organisiert vom Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH), versammelte die Veranstaltung über 200 Experten aus Wissenschaft, Politik und Praxis – vor Ort und per Live-Stream.

Silvia Breher gab Einblick ins Familienfrühstück

Die Eröffnung übernahm die Parlamentarische Staatssekretärin im BMLEH Silvia Breher mit einem persönlichen Bezug zur Thematik. So outete sie sich als „Mama“, welche das Problem der morgendlichen Schokocreme-Diskussion zur Genüge kennt. Und welche nachvollziehen kann, wenn diese vermeintlich einfache Frühstückslösung im stressigen Familienleben schlicht akzeptiert wird. Doch genau darin liege die Herausforderung für eine nachhaltige Ernährungsbildung. Sie betonte die Notwendigkeit einer frühzeitigen Ernährungsbildung – getragen von allen: Staat, Familien und Bildungsinstitutionen.
Die zentrale Botschaft: Ernährungswissen allein reicht nicht. Es braucht Verständnis, Beteiligung und Strukturen, die gesundes Essen erfahrbar machen. „Daher haben wir im Koalitionsvertrag verankert, dass wir die gesunde Ernährung von Kindern und Jugendlichen verstärkt fördern wollen”, betonte Breher. 

Ernährung ist eine Frage der Umgebung

In den anschließenden Impulsvorträgen wurde klar: Ernährung ist nicht nur eine Frage des Wissens, sondern vor allem der Umgebung.

Prof. Dr. Britta Renner von der Universität Konstanz zeigte anhand wissenschaftlicher Daten, dass die Essumgebung den größten Einfluss auf das Verhalten hat. Ihre zentrale These: „Gutes Essen beginnt vor dem Teller.“
So zeigte die Psychologin anhand internationaler Datenanalysen, dass allein eine erhöhte Anzahl an Fastfood-Angeboten in der Umgebung die Besuchswahrscheinlichkeit um 20 Prozent steigert – unabhängig von Einkommen, Bildung oder Präferenzen. Sie plädierte für ein besseres Monitoring solcher Einflussfaktoren und nannte als Beispiel den Anstieg veganer Optionen in deutschen Hochschulmensen: „Das Angebot wird breiter und flexibler, nicht einfach vegan statt Fleisch.“
Zusätzlich betonte Prof. Dr. Britta Renner den sozialen Wert gemeinsamer Mahlzeiten. In Laborstudien reduzierte gemeinsames Essen physiologische Stressreaktionen um 62 Prozent. Dies untermauert die Bedeutung gemeinschaftlicher Mahlzeiten für psychisches Wohlbefinden.

Zielgruppenspezifische Kommunikation nötig

Christine Röger vom Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn) Bayern stellte die Ergebnisse und Learnings der aktuellen Bayerischen Verzehrsstudie vor. Besonders aufschlussreich: Der Fleisch- und Alkoholkonsum ist rückläufig, während der Verzehr von Gemüse und Trinkwasser steigt. Die vegane Ernährung wächst vor allem durch ein größeres Angebot, weniger durch eine Zunahme strikt vegan lebender Personen.

Röger kritisierte die gesellschaftliche Polarisierung in Ernährungsfragen und forderte einen „ideologiefreien, faktenbasierten“ Diskurs. Besonders wichtig sei der Schulterschluss entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Sie forderte konkrete Maßnahmen: Regional angepasste Umsetzung globaler Ernährungsempfehlungen, stärkere Förderung von Marktpotenzialen für Hülsenfrüchte und zielgruppenspezifische Kommunikation, besonders für Jugendliche. Eine große Herausforderung sei etwa, dass junge Menschen ihre Ernährungsinformationen überwiegend aus sozialen Medien beziehen: „Wenn wir heute noch bei der jungen Zielgruppe ankommen wollen, dann müssen wir in TikTok sein – dürfen es aber nicht.“ Hier müssten sich die Kommunikationsstrategien anpassen.

Gesunde Kinderernährung in der Praxis

In den Fach- und Postersessions am Nachmittag wurden inspirierende Projekte vorgestellt – von kostenfreiem Schulessen über frische Kita-Küche bis hin zu Schülerfirmen mit Lebensmittelbezug. Alle vereinte ein Ziel: Ernährung kindgerecht, nachhaltig und sozial inklusiv zu gestalten. Besonders erfolgreich waren kommunal gestützte Modelle mit politischer Rückendeckung, gezielter Qualifikation und interdisziplinärer Begleitung. Gleichzeitig wurde klar: Ohne langfristige Förderung bleiben viele Initiativen in der Pilotphase stecken.

Praxisprojekte beim Ernährungstag 2025 im Detail

Vernetzungsstelle Schulverpflegung Niedersachsen: Vereinfachter Zugang zum kostenfreien Schulessen führte zu einer Teilnahmesteigerung um bis zu 80 %. Erfolgsfaktor: enge Zusammenarbeit mit Leistungsbehörden.

Stadt München: Umstellung auf hauswirtschaftlich zubereitete Kita-Mahlzeiten mit 70 % Frischkostanteil. Voraussetzung: politische Rückenstärkung, Qualifizierung und Motivation der Teams.

Landeszentrum für Ernährung Baden-Württemberg: Begleitung von Kommunen bei der Erstellung von Verpflegungskonzepten. Erkenntnis: Fachfremde Entscheidungstragende brauchen gezielte Schulung.

Berlin – „Wissen, was schmeckt”: Berufsorientierung durch Exkursionen entlang der Lebensmittelwertschöpfungskette in Verbindung mit didaktischen Lehrmaterialien.

Charité Berlin: Kinderkliniken entwickeln eigene Verpflegungskonzepte auf Basis der Planetary Health Diet – angepasst an medizinische und kindliche Bedürfnisse.

Verbraucherzentralen – IN FORM Verbundprojekt: „Gesund und nachhaltig essen mit kleinem Budget” kombiniert individuelle Bildungsmaßnahmen mit struktureller Beratung von Einrichtungen in 16 Bundesländern.

Viele dieser Projekte funktionieren lokal, doch Skalierung und Verstetigung bleiben problematisch. Forderungen an die Politik: verbindliche Standards, dauerhafte Finanzierung, integrierte Bildungsansätze.

Ein eindrucksvolles Zitat aus einem Projekt gegen Ernährungsarmut lautete: „Solange wir Milchreis haben, sind wir nicht arm.“ Und so wurde Verpflegung als sozialer Anker zum roten Faden des Tages.

Klartext beim Abschlusspodium

Der 2. Deutsche Ernährungstag 2025 stand im Zeichen gesunder Kinderernährung.
Quelle: BMLEH

Das Podium am Ende des Tages war geprägt von Offenheit und Handlungsdruck. Fabian Schön von der Bundesschülerkonferenz forderte klare Verantwortlichkeiten – und politische Verbindlichkeit auf Bundesebene, um flächendeckend Verbesserungen umzusetzen.
Aus dem Plenum kam Zustimmung: Lokale Erfolgsmodelle müssten bundesweit skaliert werden – Fokus auf Verstetigung statt Projektitis.

Eva Bell vom BMLEH hielt dagegen, dass bereits 81 von 90 Maßnahmen der nationalen Ernährungsstrategie Deutschland in Umsetzung bzw. umgesetzt seien, räumte jedoch strukturelle Hürden wie das Vergaberecht ein. Dem wurde prompt entgegnet: „Wenn die Strukturen das Problem sind, dann ändern Sie diese Strukturen. Basta.“

Kritisiert wurde zudem, dass kaum politische Entscheidungsträger anwesend waren, obwohl die ganze Zeit über deren Verantwortung gesprochen wurde. Als Reaktion schlug das Podium einen parlamentarischen Abend vor, um die Erkenntnisse des Ernährungstags direkt in die Parlamente zu tragen.

Fazit: Jetzt ist die Zeit zu handeln

Zum Abschluss betonte Bell: „Niemand will ein vom Bundesministerium diktiertes Modell. Wir brauchen vielfältige, lokal angepasste Lösungen, die wirken.“ Einigkeit herrschte darüber, dass der Weg zu einem besseren Ernährungssystem nur über Kooperation, verbindliche Strukturen wie verpflichtende Qualitätsstandards und politischen Mut führen kann – mit der klaren Botschaft: Jetzt ist die Zeit, nicht mehr zu analysieren, sondern zu handeln.

Der 2. Deutsche Ernährungstag machte deutlich: Die Konzepte sind da, der Wille vieler Akteure ebenfalls. Damit gesunde Kinderernährung nicht länger vom Wohnort oder Geldbeutel abhängt, braucht es nun klare politische Entscheidungen, Förderstrukturen und interdisziplinäre Zusammenarbeit. Denn gutes Essen beginnt – wie Prof. Renner sagte – lange vor dem Teller.

Quelle: B&L MedienGesellschaft

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