Wie der Umgang mit Mehrwegsystemen in der Gastronomie funktioniert, zeigt ein Projekt der Kampagne „Mehrweg statt Einweg – Müllreduzierung im Lebendigen Zentrum Turmstraße“.
Quelle: LIFE Umwelt Bildung Chancengleicheit eV

Mit Aktionen Akzeptanz bei Kunden stärken

Das Berliner Projekt „Mehrweg statt Einweg – Müllreduzierung im Lebendigen Zentrum Turmstraße“ hat zum Ziel, dass Einwegverpackungen beim Außer-Haus-Konsum und in Folge die Vermüllung im Projektgebiet reduziert werden, indem in der örtlichen Gastronomie Mehrwegalternativen verbreitet und etabliert werden.

Das Projekt des Bezirksamtes Mitte von Berlin wird durch LIFE Bildung Umwelt Chancengleichheit e. V. umgesetzt und durch die Programme Wirtschaftsdienliche Maßnahmen (WDM) und Lebendige Zentren und Quartiere gefördert.

Im Rahmen der Kampagne haben Mitte Oktober 2022 zwei „Kulinarische Touren“ stattgefunden, während denen (potenzielle) Kunden Gastronomiebetriebe besuchten, die bereits auf ein Mehrwegsystem setzen bzw. vor der Umstellung sind.

Kulinarische Tour des Projekts „Mehrweg statt Einweg“

Folgende Gastronomiebetriebe haben an der kulinarischen Tour von LIFE Bildung Umwelt Chancengleichheit e. V. teilgenommen und setzen auf die folgenden Systeme:

  • Ya-Man (Gotzkowskystr.): System Tiffin Loop
  • LIT Coffee (Jagowstr.): System Relevo
  • Köy Gourmet (Gotzkowskystr.): System Recup
  • Café Wunder (Jonasstr.): noch kein System, aber 20 Cent Rabatt auf Mehrwegbecher der Kundschaft

Mehr zum Projekt, dass im März 2022 gestartet ist und noch bis September 2023 läuft, hat uns Anna Ackermann vom Verein LIFE Bildung Chancengleichheit e. V., im Interview verraten.

Wie der Umgang mit Mehrwegsystemen in der Gastronomie funktioniert, zeigt ein Projekt der Kampagne „Mehrweg statt Einweg – Müllreduzierung im Lebendigen Zentrum Turmstraße“.
Mit Aktionsflyern machen die Gastronomen Kunden aufmerksam auf den Einsatz von Mehrweggeschirr. (Quelle: LIFE Umwelt Bildung Chancengleicheit e.V.)

Frau Ackermann, gibt es ein konkretes Ziel der Kampagne?

Mindestens 20 gastronomische Betriebe sollen darin unterstützt werden, Mehrweg einzuführen. Darüber hinaus sollen mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen wie der „Kulinarischen Reise“ auch Konsumenten auf das Thema Mehrweg angesprochen und sensibilisiert werden.

Zu den Erstgesprächen kann ich sagen, dass es hier einen hohen Bedarf bezüglich der neuen Mehrwegangebotspflicht ab 1. Januar 2023 gab. Sie war vielen Gastronomiebetreibern noch nicht bekannt. Durch das Bekanntwerden des Gesetzes steigt auch der Bedarf an Information.

Teilnehmen an dieser Kampagne können Gastronomiebetriebe rund um die Turmstraße: Wie viele Betriebe haben dieses Angebot bislang wahrgenommen?

Innerhalb der Bestandsaufnahme wurden von uns 114 gastronomische Betriebe im Projektgebiet besucht und bei Bedarf Informationen zu Mehrweg (Verpackungsnovelle, Infos zum Projekt) hinterlassen. Auch Gespräche wurden hier schon geführt. Das Projekt wurde darüber hinaus über das Netzwerk des GSM Turmstraße (Geschäftsstraßenmanagement) und über das Bezirksamt Mitte bekannt gemacht.

Bisher wurden acht Kooperationen mit gastronomischen Betrieben geschlossen – für die Aktion „Kulinarische Reise“. Bei diesen wurden z. T. auch schon Mehrweg-Beratungen durchgeführt. Weitere sind geplant.

Unsere nächste Veranstaltung ist eine Mehrweg-Infoveranstaltung im November; Zielgruppe sind die ansässigen Gastronomen.

Wie der Umgang mit Mehrwegsystemen in der Gastronomie funktioniert, zeigt ein Projekt der Kampagne „Mehrweg statt Einweg – Müllreduzierung im Lebendigen Zentrum Turmstraße“.
Teilnehmer der Aktion „Kulinarische Reise“ (Quelle: LIFE Umwelt Bildung Chancengleicheit e.V.)

Wie unterstützen Sie die Gastronomiebetriebe konkret (z. B. Hersteller-Infos, Hygiene etc.)?

Momentan beschäftigen wir uns vertieft mit der Mehrwegangebotspflicht und individuellen Fragen dazu. Darüber hinaus möchten wir vermitteln, warum überhaupt der Gebrauch von Einwegverpackungen reduziert werden sollte, welche Hygieneregeln einzuhalten sind und welche Optionen Gastro-Betreiber haben. Die Trägerin hat so u. a. Vorführ-Mehrwegbehälter von allen Poolanbietern und kennt deren Konditionen, sodass dahingehend beraten werden kann. Die Vorführ-Mehrwegbehälter werden auch während der erwähnten Infoveranstaltung kurz vorgestellt. In manchen Fällen kann es auch eine Lösung sein, eigenes Mehrweggeschirr zu kaufen.

Inwieweit ermöglichen es die Gastronomen auch, das Kunden eigene Gefäße zum Befüllen mitbringen?

Auch die Befüllung kundeneigener Behälter ist ein wichtiges Thema, da es nicht für alle Betriebe – weder ökonomisch noch ökologisch noch hygienisch – sinnvoll ist, ein Mehrwegsystem einzuführen. Hier geht es um die Förderung und Stärkung der Nachfrage durch die Kundschaft. Dafür sind neben der Kulinarischen Reise noch weitere Aktionen geplant.

Betriebe können dahingehend unterstützt werden, indem diese Werbematerialien für die Befüllung von Mehrweg erhalten (Thekenaufsteller, Türaufkleber), in der Kommunikation mit der Kundschaft geschult werden oder angeregt werden, eine Aktion zu starten oder z. B. Rabatte auf Mehrweg zu geben.

Es gibt um die Turmstraße kein vorherrschendes System. Dies ist verständlicherweise oft gewünscht, da es so mehr Rückgabemöglichkeiten gäbe, jedoch sieht das in der Realität nicht so einfach aus, da die Bedürfnisse der Gastronomen sehr unterschiedlich sind.

Wie reagieren die Kunden auf das generelle Angebot von Mehrwegsystemen zur Mitnahme von Speisen?

Durch nicht-repräsentative Umfragen ist bekannt, dass die Kundschaft ein Mehrwegangebot generell begrüßt, die meisten zumindest bei Speisen aber noch gar nicht bis selten Mehrweg nutzen. Dazu zählen implizit auch die kundeneigenen Behälter. Das Wichtigste ist hier, das Mehrwegangebot sichtbar zu machen, damit die Kundschaft überhaupt Kenntnis davon erhält.

Wie wurde die Aktion „Kulinarische Tour“ im Oktober 2022 von (potenziellen) Kunden/Gästen angenommen? Inwieweit unterstützt dies dabei, dass bei Gästen die Akzeptanz für Mehrwegsysteme steigt?

Es sind zahlreiche Anmeldungen eingegangen, sodass für beide Termine eine Warteliste geführt wurde. Beim ersten Termin wurde die Erfahrung gemacht, dass alle Teilnehmenden ihr eigenes Mehrweggeschirr mitgebracht haben und den betreffenden Gastro-Betreibern Fragen zum bestehendem Mehrwegsystem gestellt haben. Insgesamt eine sehr positive Resonanz.

Welches Fazit ziehen Sie generell (auch aus Sicht der Gastronomen) zur Tour? Sollen weitere Touren folgen bzw. sind auch noch andere Aktionen darüber hinaus geplant?

Die Kulinarische Reise war sehr erfolgreich, da sie sowohl bei der teilnehmenden Gastronomie als auch bei der potenziellen Kundschaft gut nachgefragt war. Neben dem Thema Mehrweg war es auch ein Anliegen, die gastronomische Vielfalt in der Gebietskulisse zu zeigen und damit die Unternehmen zu unterstützen. Dies hat in Kooperation mit dem Geschäftsstraßenmanagement (GSM) Turmstraße sehr gut funktioniert. Innerhalb des Projekts sind noch weitere öffentlichkeitswirksame Aktionen geplant.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

Quelle: LIFE Bildung Umwelt Chancengleichheit e.V.

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