Welche Qualifizierung ist für künftige Führungskräfte eines Verpflegungsbetriebs zielführender und somit eine Win-Win-Situation für Führungskraft und Betrieb?
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Weiterbildungs-Navi Teil 9: Küchenmeister vs. Verpflegungsbetriebswirt

Welche Qualifizierung ist für künftige Führungskräfte eines Verpflegungsbetriebs zielführender? GVMANAGER fragte nach bei Bildungsanbietern und Gastronomieberatern. Folge 9 unseres Weiterbildungs-Navi.

Küchenleiter in der Gemeinschaftsverpflegung haben einen herausfordernden Job. Nur noch selten stehen sie am Herd, dafür jonglieren sie mit betriebswirtschaftlichen Kennzahlen. Sie feilen an Produktions- und Arbeitsprozessen, verantworten die operative und strategische Planung des Verpflegungsbetriebs und führen eine Mannschaft mit vielen Mitarbeitern. Doch wie werden aus ehemals gelernten Köchen erfolgreiche Manager leistungsstarker Verpflegungsbetriebe? Immer öfter werden Zweifel laut, ob die Qualifizierung als Küchenmeister dazu ausreicht. „Es braucht ein Anforderungsprofil für gute Führungskräfte“, betont Daniela Aug, Küchenleiterin im Franziskus Hospital Bielefeld. „Leider gibt es das in vielen GV-Einrichtungen nicht. Das Ergebnis: Es werden Menschen zu Küchenleitern, denen es an betriebswirtschaftlichem Know-how und Führungskompetenz fehlt.“

Praktische Unterschiede zwischen der Qualifizierung zum Küchenmeister und Verpflegungsbetriebswirt

Vor diesem Hintergrund rückt die Weiterbildung zum Verpflegungsbetriebswirt in den Fokus. Viele Köche mit Aufstiegsmotivation stehen vor der Frage, welche Fortbildung zielführender ist. Sollen sie ihren Küchenmeister mit hohem Praxisanteil machen? Oder besser den Verpflegungsbetriebswirt, um sich stärker kaufmännischen Inhalten zu widmen?

„Wenn ein Koch ins Management einer Großküche und in eine Führungsposition kommen möchte, dann ist eindeutig die Weiterqualifizierung zum Verpflegungsbetriebswirt zu bevorzugen“, rät Marcus Seidl, geschäftsführender Gesellschafter bei S&F-Consulting Modernes Verpflegungsmanagement. „Wenn jemand aber weiterhin nah an den Gästen gastronomisch tätig sein und berufliche Flexibilität bewahren möchte, dann macht eher die Fortbildung zum Küchenmeister Sinn.“ Denn nur mit diesen Lehrinhalten sei es möglich, zeitgemäße Speisenkonzepte zu entwickeln, Ernährungstrends umzusetzen und kreative Speisepläne zielgruppengerecht aufzustellen, und zwar in allen Bereichen der Gastronomie. Jedoch ginge es heute in der preisgetriebenen Gemeinschaftsverpflegung vielerorts eher um eine Standardisierung der Prozesse. „Hier ist eher ein Verpflegungsbetriebswirt gefragt, idealerweise mit einem Küchenmeister im Team.“

Keine DQR-Einordnung

Ester Pauly, Bereichsleiterin des Gastronomischen Bildungszentrums in Koblenz, macht die Erfahrung, dass die Qualität des Bildungsabschlusses Verpflegungsbetriebswirt in vielen Personalverwaltungen noch immer unterschätzt wird. Der Grund: Die Fortbildung ist (anders als der Küchenmeister-Lehrgang) nicht einem der acht Kompetenzniveaus des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) zugeordnet, was jedoch nicht auf eine geringere Qualität hindeute, wie Ester Pauly betont. „Der didaktische Aufbau des Lehrgangs orientiert sich an den Kompetenzen, die im DQR beschrieben werden.“ Doch warum ist die Fortbildung zum Verpflegungsbetriebswirt nicht nach DQR eingestuft? „Das liegt daran, dass die Weiterbildung zum Verpflegungs­betriebswirt mit einer IHK-Zertifikatsprüfung abschließt und kein öffentlich-rechtlicher Abschluss ist.“

Der Abschluss zum Verpflegungsbetriebswirt erfolgt nach Bestehen von drei Prüfungsteilen. Trotz der hohen Qualitätsmaßstäbe – die fehlende DQR-Einordnung wird mancherorts kritisch gesehen: Im Beratungskontakt hört Ester Pauly immer wieder von Konflikten wie diesem: „Meine Wahl wäre der Verpflegungsbetriebswirt, aber bei uns zählt, ob die Weiterbildung im Deutschen Qualifikationsrahmen DQR eingeordnet ist. Deshalb bekomme ich nur ein höheres Gehalt, wenn ich meinen Küchenmeister mache.“ Die Folge: Künftige Führungskräfte werden eventuell in eine Fortbildung gedrängt, die unter Umständen nicht richtig zum Anforderungsprofil ihres Arbeitsplatzes passt. Sie lernen eine Fülle an Stoff, der später in der Einrichtung nicht benötigt wird.

Umdenken und Beratung nötig

Ein Umdenken ist vielerorts gefragt, denn letztlich kommt es darauf an, dass die vermittelten Qualifikationen zu den Anforderungen passen, damit Fortbildung zu einer Win-win-Situation für alle Beteiligten wird.

Im Gastronomischen Bildungszentrum Koblenz sowie in anderen Weiterbildungsinstitutionen wie der Deutschen Hotelakademie (DHA) wird deshalb eingehende Beratung großgeschrieben. Geprüft werden verschiedene Kriterien:

  • Welche Herausforderungen gibt es am Arbeitsplatz?
  • Handelt es sich um einen großen Wirtschaftsbetrieb mit mehreren Abteilungen und komplexer Speisenlogistik?
  • Oder um eine Küche in einem kleineren Pflegeheim?
  • Sieht sich der Fortbildungswillige in zehn Jahren noch in der GV oder träumt er von einer Karriere im Hotel?

Der Klassiker „Küchenmeister“ ist eine breit aufgestellte Fortbildung und sehr anspruchsvoll, was allein die Dauer von 570 Lehrstunden unterstreicht (Anmerkung: DIHK Rahmenplan, individuelle Unterschiede bei Bildungsträgern sind möglich). Das sind immerhin rund 200 Lehrstunden mehr als die Fortbildung zum Verpflegungsbetriebswirt. Vermittelt werden dabei aber auch Inhalte, die später in einem GV-Verpflegungsbetrieb nicht mehr gefragt sein könnten. Weil die Führungskraft in einem Betrieb der GV auf andere berufliche Herausforderungen trifft als eine Führungskraft im Gastgewerbe. Es gelten z. B. unterschiedliche gesetzliche Bestimmungen, ein abweichendes Organigramm und ein internes Rechnungswesen, das sich durch unternehmensspezifische Kennzahlen unterscheidet. „Ein Krankenhaus ist kein Hotel“, betont Ester Pauly. „Die strategischen Ziele sind völlig andere, selbst wenn die Verpflegung für Privatpatienten auf Hotelniveau umgesetzt wird.“ Einige Lehrinhalte des 1. Teils der Küchenmeister-Fortbildung spielen z. B. später für die Führung einer Klinikküche kaum eine Rolle, beispielsweise die umfangreichen Lerninhalte rund um Recht & Steuern: weil andere Abteilungen in der Klinik dafür zuständig sind, oder weil bestimmte Themen aufgrund einer Gemeinnützigkeit keine Relevanz haben.

Thomas Mattern, Küchenmeister und als zertifizierter Trainer in der Beruflichen Aus- und Weiterbildung tätig, warnt jedoch davor, die klassische Ausbildung zum Küchenmeister als Auslaufmodell zu betrachten. Im Gegenteil: „Bewirbt sich ein Küchenmeister, steckt immer ein ausgebildeter Koch dahinter, der die Küche von der Pike auf kennt, das kann kein Fehler sein.“ Weitere Pro-Argumente: Der Abschluss Küchenmeister ist eine Aufstiegsfortbildung, nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) geregelt und IHK-geprüft, ein staatlicher Abschluss, der auf breiter Ebene anerkannt ist. Die fachpraktischen Lehrinhalte können im Anschluss in jeder Küche Anwendung finden, egal ob Gemeinschaftsverpflegung oder Individualgas­tronomie, ob Fine Dining oder gut-bürgerlich.

Schlecht vergleichbar

Hingegen ist die Ausbildung als Verpflegungsbetriebswirt nicht nur für Köche offen, sondern auch für Diätassistenten und Hauswirtschafter. Fachpraktische Inhalte spielen eine untergeordnete Rolle. „Bewirbt sich also ein Verpflegungsbetriebswirt in einer GV-Küche, muss ich zunächst den Eingangsberuf klären und dann prüfen: Was bringt der Verpflegungsbetriebswirt an Qualifikationen mit?“ Auch für Thomas Mattern ist die fehlende DQR-Zuordnung ein Kritikpunkt. Da die Fortbildung kein staatlich geprüfter Abschluss und keiner bundeseinheitlichen Prüfungsordnung unterworfen sei, liege nahe, dass jeder Fortbildungsanbieter seine eigene Prüfungsordnung erstelle. „Für mich sind damit zwei wichtige Säulen des Bildungssystems umgangen – Transparenz und Vergleichbarkeit.“ Seine Empfehlung für fortbildungshungrige Köche: erst eine Küchenmeister-Ausbildung (DQR 6 – gleichgestellt mit dem akademischen Bachelor) und anschließend eine Fortbildung zum Betriebswirt IHK (DQR 7 – gleichgestellt mit dem akademischen Master), die den Teilnehmer nicht auf einen Gastronomiebereich festlege. Den Zugang zur Hochschule eröffnet dabei nur der Abschluss als Küchenmeister, auch ohne Abitur.

Welche Qualifizierung passt zu mir?

Drei GV-Praktiker berichten, warum sie sich für eine Fortbildung zum Küchenmeister bzw. eine Fortbildung als Verpflegungsbetriebswirt entschieden haben: Das Für und Wider lesen Sie in diesem Beitrag.

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Weiterbildungs-Navi

Verpflegungsbetriebe stehen immer wieder vor neuen Herausforderungen. Wie flexibel und anpassungsfähig der Verpflegungsbetrieb auf diese reagieren kann, ist von den Mitarbeitenden abhängig. Regelmäßige Weiterbildung bildet den Grundstein, um das eigene Team kompetent, motiviert und agil zu halten. Doch wie kann eine erfolgreiche Weiterbildungsstrategie aussehen?
Mit unserem „Weiterbildungs-Navi“ will Sie die Redaktion GVMANAGER durch das Dickicht der Weiterbildungs-Chancen und -Hürden führen. Sämtliche Teile sind für Sie nachzulesen – ein Überblick:
Teil 1: Weiterbildung als systematisches Konzept
Teil 2: Motivation zur Weiterbildung – Knackpunkte zwischen Mitarbeiter und Angebot
Teil 3: Chancen digitaler Weiterbildungsmaßnahmen
Teil 4: Fördermöglichkeiten von Weiterbildungen
Teil 5: Was steckt hinter Systemischem Coaching?
Teil 6: Einsatz von Quereinsteigern und passenden Weiterbildungskonzepten, um dem Fachkräftemangel zu begegnen
Teil 7: So wird das Mitarbeitergespräch zur Win-win-Situation für beide Seiten
Teil 8: Orientierungshilfe zum vielfältigen Fortbildungsangebot

Quelle: Cornelia Liederbach für B&L MedienGesellschaft

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