Ein Spruch, den viele kennen: „Bevor ich lange erklären muss, mach‘ ich’s lieber gleich selbst.“ Nicht wenige Führungskräfte tun sich schwer damit, Aufgaben an andere abzugeben. Doch Delegieren ist eines der wichtigsten Führungsinstrumente. Wer es richtig macht, profitiert nicht nur von Zeitgewinn für die eigenen Management-Kernaufgaben. Wie man dies richtig mach, zeigt der zwölfte Teil des Weiterbildungs-Navis der Redaktion GVMANAGER. „Richtiges Delegieren dient auch der Personalentwicklung und entfaltet wertvolle Motivationskraft“, betont Klaus Häck, der als Inhaber des Consultingunternehmens Hommequadrat auf das Coaching von Führungskräften in der Hotellerie und Gastronomie spezialisiert ist.
Seine Erfahrung: Vorgesetzte, die gut delegieren können, bleiben mit ihren Mitarbeitenden eng im Gespräch, lernen sie besser kennen und entdecken oft neue Kompetenzen an ihnen. Die Qualität und Effizienz der Arbeitsprozesse verbessern sich. Denn ein Mensch, dem Verantwortung übertragen wird, wird in der Regel sein Bestes geben. Mehr Verantwortung steigert das Selbstwertgefühl und fördert darüber hinaus die Anpassungsfähigkeit und Flexibilität, um auf neue Anforderungen reagieren zu können. „Richtiges Delegieren bedeutet ein Zugewinn fürs gesamte Küchenteam und das Unternehmen selbst“, ergänzt der Experte. „Es stärkt auch die Bindung an den Arbeitgeber, in Zeiten des Fachkräftemangels ein enorm wichtiger Faktor.“
Was versteht man unter Delegieren?
Klaus Häck hat eine klare Antwort auf diese Frage: „Eine Führungskraft gibt einen Teil ihrer Aufgaben an den Mitarbeitenden ab, gleichzeitig aber auch Kompetenz und Verantwortung. Erfolgreiches Delegieren funktioniert nur in diesem Dreiklang, das sollte Führungskräften bewusst sein.“ Das bedeutet: Wer den Arbeitsauftrag erhält, muss auch die Fähigkeit besitzen, die Aufgabe erledigen zu können. Und derjenige muss in der Lage sein, die Verantwortung zu tragen. Es liegt an den Führungskräften, die notwendigen Voraussetzungen dafür zu schaffen.
Woran liegt es, wenn Führungskräfte die Arbeit nicht abgeben können?
Ist die Führungskraft eine perfektionistisch veranlagte Persönlichkeit, glaubt sie möglicherweise, niemand könne die Arbeit besser erledigen als sie selbst. Daneben gibt es Menschen, die wenig strukturiert und sehr spontan sind. Geplantes Delegieren scheint ihnen der größere Aufwand zu sein, als es fix selbst zu erledigen. Die Sozialisierung in der Kindheit hat maßgeblichen Einfluss, aber auch der Umstand, wie Führungskräfte den Führungsstil ihrer eigenen Vorgesetzten erlebt haben. „Dieser wird dann oft kopiert“, weiß Klaus Häck. „Mit allen Vorzügen, aber auch Schwächen.“ Eine negative Fehlerkultur im Unternehmen wirkt sich ebenfalls nachteilig aus. „Manche Führungskräfte haben Furcht vor Fehlern unter ihrer Verantwortung und delegieren deshalb aus Unsicherheit und mangelndem Vertrauen nicht.“
Welche Fehler passieren oft beim Delegieren?
In der Alltagsroutine einer Großküche, die mit Produktionsspitzen und oft auch Personalmangel zu tun hat, tritt das geplante richtige Delegieren oft in den Hintergrund. Delegieren wird wenig oder gar nicht, falsch oder unsystematisch eingesetzt. Überfallartige Anweisungen wie „Mach‘ mal“ greifen immer zu kurz. Oft werden Aufgaben an Mitarbeitende übertragen, die nicht ausreichend fähig und kompetent genug sind. Manchen Führungskräften ist dabei die Kontrolle ihrer Mitarbeitenden unangenehm. Dann prüfen sie oft nicht oder zu spät, ob die übertragene Arbeit in ihrem Sinne erledigt wird. Daneben gibt es Führungskräfte, die aufgrund eigener Überforderung nicht wissen, wie man erfolgreich delegiert und es deshalb sein lassen. Sie überlasten sich, lassen wertvolle Potenziale ungenutzt und demotivieren ihre Mitarbeitenden.
Was gibt’s bei klarer Postenverteilung in der Küche denn zu delegieren?
Auch wenn es eine eindeutige Stellenbeschreibung für jede Position in einer Großküche gibt und die Aufteilung der operativen Tätigkeiten damit klar ist – es gibt noch Raum für das Übertragen von Managementaufgaben. Beispielsweise könnte der Souschef die Dienstpläne erstellen oder ein Mitarbeitender, der gut planen und strategisch denken kann, den Einkauf erledigen. Dafür muss jedoch der Vorgesetzte die Kompetenzen und Talente seiner Mitarbeiter erst einmal kennen.
„Eine Führungskraft, die das Ohr eng an seiner Mannschaft hat und mit ihnen in einem vertrauensvollen Arbeitsklima agiert, ist hier im Vorteil“, betont Klaus Häck. Klassische Führungsaufgaben wie das Gestalten und Entwickeln von Veränderungen, Prozessen, Lösungsstrategien und Arbeitsbedingungen oder die Einstellung und Beurteilung von Mitarbeitenden verlangen hingegen die Kompetenz und Erfahrung der Führungskraft und gehören auch in deren Hand.
Wer soll die delegierte Aufgabe übernehmen?
Eine gute Kommunikationskultur ist die Basis, damit erfolgreiches Delegieren möglich ist. Um zu wissen, welcher Mitarbeiter passend für die Aufgabe ist, sind regelmäßige Gespräche unverzichtbar. Das Beobachten der Mitarbeiter am Arbeitsplatz liefert weitere Aufschlüsse. Wie arbeitet der Einzelne? Was gelingt besonders gut? Wäre er/sie in der Lage, die Aufgabe zu übernehmen? Die investierte Zeit zahlt sich später aus, denn die Führungskraft wird später weniger nachjustieren müssen und das Delegieren umso erfolgreicher sein.
Wie gelingt das Kontrollieren ohne Überwachung?
Mitarbeitende, die aufgrund ihrer Kompetenz und Eignung für die Aufgabe gewählt wurden, sollten auch den nötigen Freiraum für die Gestaltung des Arbeitsprozesses erhalten. Gleichzeitig müssen Mitarbeitende aber wissen, dass ihnen bei Fragen und Problemen jederzeit die Tür des Vorgesetzen offensteht. „Das reduziert die Angst, etwas falsch zu machen, senkt die Hemmschwelle, beim Chef Rat einzuholen und begünstigt letztlich den Erfolg des Delegierens“, so die Meinung von Klaus Häck. „Auf der Basis wertschätzender Kommunikation, beispielsweise um erste Arbeitsergebnisse zu besprechen, wird Kontrolle nicht zur Überwachung, sondern zu kostbarem, vertrauensförderndem Feedback.“
Welche Probleme können im Zuge des Delegierens auftauchen?
Was tun, wenn die delegierte Arbeit nicht zufriedenstellend erledigt wurde? In diesem Fall muss die Führungskraft korrigieren, dem betreffenden Mitarbeiter aber auch die Chance geben, Fehler zu verstehen, um es besser machen zu können. Dazu gehört, gemeinsam nach den Gründen zu suchen, die vielleicht im Wege standen. War der Mitarbeitende überfordert? Braucht er mehr Zeit? Zusätzliche Unterstützung? „Die Feedbackstrategie bedeutet zunächst Zeitaufwand, entlastet die Führungskraft aber mittelfristig“, bekräftigt der Experte. Verständnisprobleme sind in den oft multikulturellen Teams in den Großküchen eine häufige Hürde. „Deshalb ist es wichtig, schon vorab im Zuge der Delegierung nicht zu fragen: Hast Du die Aufgabe verstanden? Sondern: Was hast Du verstanden?“
Die 5-W-Regel
Erstmal sollte man sich die Fragen stellen:
- Was soll getan werden?
- Welche Abweichungen können toleriert werden?
- Welche Schwierigkeiten sind zu erwarten?
Warum?
- Welches Ziel wird angestrebt?
- Welche Zusammenhänge bestehen?
- Was muss über den Hintergrund der Aufgabe bekannt sein?
Wer soll es tun?
- Welche Voraussetzungen muss jemand für die Aufgabe mitbringen?
- Wer ist geeignet für die Aufgabe?
- Wer könnte behilflich sein?
Wann soll es erledigt werden?
- Wann muss die Arbeit spätestens begonnen und beendet werden?
- Sollten Zwischentermine abgemacht werden?
- Wann soll der Mitarbeitende über den Fortschritt informieren?
Wie soll es getan werden?
- Wie muss bei der Ausführung vorgegangen werden?
- Gibt es Vorschriften, die zu beachten sind?
- Müssen bestimmte Verfahren angewendet werden?
- Müssen andere Stellen einbezogen werden?
Womit?
- Welche Hilfsmittel stehen zur Verfügung?
- Welche Hilfsmittel müssen noch beschafft werden?
- Welche Unterlagen sind nötig und müssen evtl. noch erstellt werden?
Und das Fazit?
Delegieren ist lernbar und gar nicht so schwer: „Wenn nach der 5-W-Regel delegiert würde, hätten wir sicher eine 80-prozentige Erfolgsquote bei der Übertragung von Aufgaben“, so die Aussage von Klaus Häck. Wenn Führungskräfte obendrein rechtzeitig delegieren, nicht erst dann, wenn schon hoher Zeitdruck herrscht, wenn sie ihren Mitarbeitern Verantwortung und Kompetenz mitgeben und auch mal Fehler tolerieren – dann haben sie das Erfolgsrezept des richtigen Delegierens verinnerlicht.
Weiterbildungs-Navi
Weiterbildung bildet den Grundstein, um das eigene Team kompetent, motiviert und agil zu halten. Doch wie kann eine erfolgreiche Weiterbildungsstrategie aussehen? Mit der Serie „Weiterbildungs-Navi“ will die Redaktion GVMANAGER durch das Dickicht der Weiterbildungs-Chancen und -Hürden führen. Bisherige Teile verpasst?
Warum es Sinn macht, mit System vorzugehen, zeigt Teil 1 auf,
Teil 2, wie Weiterbildung zum Profilierungs- und Bindungs-Tool wird.
Teil 3 widmet sich digitalen Weiterbildungsmethoden,
Teil 4 der finanziellen Förderung,
Teil 5 dem Systemischen Coaching,
Teil 6 Erfahrungen mit Quereinsteigern und
Teil 7 dem Mitarbeitergespräch.
Teil 8 bietet Orientierungshilfe in puncto Vielfalt von Weiterbildungsangeboten,
Teil 9 stellt Küchenmeister und Verpflegungsbetriebswirt gegenüber,
Teil 10 thematisiert Führungskompetenz und
Teil 11 erklärt den richtigen Umgang mit Lob & Kritik.
Quelle: B&L Mediengesellschaft