Systemisches Coaching – was steckt dahinter? Teil 5 unseres Weiterbildungs-Navi gibt Orientierungshilfe.
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Der Hype um Systemisches Coaching

Beim Stichwort „Systemisches Coaching“ spuckt Google über 1,6 Mio. Ergebnisse aus. Allein in Deutschland gibt es zehn Verbände, die sich explizit auf Coaching fokussieren, was die Größe des boomenden Marktes unterstreicht. Das Systemische Coaching zählt heute zu den meistgenutzten Verfahren in allen Branchen, um persönliche oder berufliche Veränderungen zu begleiten oder Konfliktsituationen zu überwinden.

Auch in der Gastronomie-Branche wird immer häufiger der Ruf nach einem Coaching für Führungskräfte laut. Oft steckt allerdings eher der Bedarf nach Training dahinter. „Systemisches Coaching ist kein Allheilmittel für jede Situation, es ersetzt keine Fachberatung bzw. die Schulung von Fachwissen“, sagt Thomas Mattern. Der Küchenmeister und diätetisch geschulte Koch ist seit 2004 als zertifizierter Trainer in der beruflichen Aus- und Weiterbildung tätig und hat unterstützt, die häufigsten Fragen zum Thema zu klären.

Was genau ist Systemisches Coaching?

Das Verfahren betrachtet nicht nur das Verhalten des Einzelnen, sondern auch sein Umfeld. Ein Coaching ist Hilfe zur Selbsthilfe. Mit zielgerichteter systemischer Fragetechnik soll der Coachee (die Person, die das Coaching in Anspruch nimmt) durch Selbstreflexionen eigenständig seine Probleme aufspüren und Lösungsansätze finden. Systemisches Coaching nimmt dabei die ganzheitliche Perspektive ein, berücksichtigt neben dem beruflichen auch das private Umfeld.

Erfolgreiches Systemisches Coaching steigert die Handlungskompetenz. Der Coachee lernt, den Zusammenhang von Ursache und Wirkung zu verstehen und warum er z. B. oft in immer gleiche, unerwünschte Situationen gerät. Der Weg zur Verhaltensänderung, um in schwierigen Lagen besser reagieren zu können, wird so geöffnet. Beim Systemischen Coaching geht es vor allem darum, sich in die Lage der anderen hineinzuversetzen, eine andere Perspektive einzunehmen.

Ist Coaching und Training das gleiche?

Coaches begleiten Prozesse in die Veränderung, sie sind Experten bei der Hilfe zur Selbsthilfe. Im Mittelpunkt steht die Unterstützung des Coachees, die richtigen Lösungen für seine jeweiligen Vorhaben selbst zu finden. Die Aufgabe von Trainern ist vielmehr die Vermittlung von fachlichen Lerninhalten sowie die Förderung von themenbezogenen Kompetenzen. Wissen wird von den Schülern unter Anleitung des Trainers verinnerlicht und geübt, die Lernziele sind festgelegt.

Ist Systemisches Coaching also Psychotherapie „light“? Und wie findet man den richtigen Coach?

Ein Coach gibt Hilfe zur Selbsthilfe, aber er therapiert nicht. Coaches nutzen psychologische Methoden, doch anders als die Therapie ist Coaching keine gesetzlich geschützte Profession. Entsprechender Wildwuchs auf dem Coaching-Markt ist leider die Folge. „Noch immer braucht es keine spezifische Qualifikation, um sich Coach nennen zu können“, moniert Thomas Mattern. „Der Markt ist unübersichtlich und leider auch oft unprofessionell.“ Verbände wie der Deutsche Bundesverband Coaching (DBVC) oder der Deutsche Verband für Coaching & Training (dvct) helfen, die Spreu vom Weizen zu trennen. „Interessenten sollten sich auch Qualifikationsnachweise zeigen lassen und nach der Branchenexpertise fragen. Und: Wer Führungskräfte coacht, sollte zudem auch einmal selbst Mitarbeiter geführt haben“, rät der Trainer.

In welchen Fällen kann Systemisches Coaching sinnvoll sein?

Wenn sich Krankmeldungen häufen und die Fluktuation höher als in anderen Abteilungen ist, dann könnte es am rabiaten Führungsstil des Vorgesetzten liegen. „Problem ist, dass Führungskräfte selten ein Feedback bekommen. Von den Mitarbeitern nicht und von der oberen Führungsebene auch nicht“, sagt Thomas Mattern. „Der Freundes- und Familienkreis ist außen vor und kann die Rolle des Leaders ebenfalls nicht spiegeln.“ In dieser Situation können Coaches ins Spiel kommen, die den Führungskräften zur Seite gestellt werden, um sie und ihr Umfeld zu reflektieren. Alte Verhaltensmuster, Blockaden und Konflikte können so leichter überwunden, das eigene Führungsverhalten verändert werden.

Nutzt Systemisches Coaching bei der Begleitung der neuen Ausbildungsinhalte?

Nachdem die Neuordnung der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung Koch/Köchin 2022 endlich auf den Weg gebracht wurde, finden sich nun auch Themen der Personalführung im Lehrplan der Azubis. Die Crux dabei: In vielen Gastronomiebetrieben können diverse Inhalte nur unzureichend begleitet werden, weil deren Ausbilder die nötigen Kompetenzen selbst nicht gelernt haben. In der Ausbildungs-Eignungsverordnung sind diese Skills nicht Voraussetzung, nur die Küchenmeister sind kraft ihrer Ausbildung entsprechend vorbereitet. Systemisches Coaching hilft in dieser Situation jedoch oft nicht weiter, meist ist klassisches Training gefragt.

Fachliche (Führungs-)Kompetenzen werden als Basis benötigt, um Themen wie Arbeitsorganisation, Mitarbeitereinsatzplanung, Personalentwicklung sowie Einweisung und Unterweisung im Umgang mit Maschinen, Geräten und Betriebsmitteln erfolgreich begleiten zu können. „Systemisches Coaching hilft zwar bei Mitarbeitergesprächen in puncto Kommunikationstechnik“, erläutert Thomas Mattern. „Nicht aber bei der übergeordneten Planung und Nachbereitung eines Mitarbeitergesprächs, wo es auch um rechtliche Rahmenbedingungen geht. Hier bedarf es der Schulung bzw. des Trainings.“

Sollten sich Führungskräfte zum Systemischen Coach ausbilden lassen?

Thomas Mattern rät, in Konfliktsituationen lieber einen externen Systemischen Coach hinzuzuziehen, der als allparteiliche Person fungiert. „Ein Betriebszugehöriger kann niemals diese Neutralität haben, die meines Erachtens nötig ist, um erfolgreich systemisch coachen zu können.“ Indes glaubt Anja Eigen von der Deutschen Hotelakademie (DHA), dass alle Vorgesetzten von einer Ausbildung zum Systemischen Coach profitieren könnten: „Als Führungskraft ist es aus unserer Sicht essenziell, über Coaching-Skills zu verfügen“, erklärt sie. „Dabei geht es vor allem darum, dass Führungskräfte im zeitgemäßen Leadership-Verständnis immer auch als Coaches agieren im Sinne des Empowerns, des Umgangs mit Konflikten, des wertschätzenden Feedbacks und des werteorientierten Miteinanders.“

Die DHA bietet eine einjährige Ausbildung zum Systemischen Coach an, die nicht ausschließlich auf die Hospitality-Branche bezogen ist, berichtet Anja Eigen. Die Dozenten stammen jedoch überwiegend aus der Branche, weshalb der Bezug zu den Besonderheiten der gastgewerblichen Berufe gesichert ist. „Das Zusammentreffen vieler Kulturen beispielsweise oder der Arbeitskräftemangel mit hoher Arbeitsverdichtung, dies sind alles Herausforderungen, denen man mit Coaching-Tools besser begegnen kann“, betont Anja Eigen abschließend.

Stimme aus der Praxis

Klaus Richter, Geschäftsführer von LebensWert Gastgeber, spricht über Systemisches Coaching.
Klaus Richter, Geschäftsführer von LebensWert Gastgeber, spricht über Systemisches Coaching. (Quelle: LebensWert Gastgeber)

Klaus Richter, Geschäftsführer LebensWert Gastgeber, Hamm: „Ich habe mich 2022 ein Jahr lang zum Systemischen Coach ausbilden lassen. Damals arbeitete ich noch als Geschäftsführer eines anderen Cateringunternehmens. Zuvor fiel mir schon geraume Zeit auf, dass psychische Erkrankungen bei leitenden Mitarbeitenden zunehmen, der innere Druck offenbar übermächtig wird.

Ich fragte mich, was ich tun könne, außer diesen Mitarbeitenden tröstend auf die Schulter zu klopfen oder sie zum Arzt zu schicken. So stieß ich auf das Systemische Coaching. Es gibt Führungskräften viele Methoden an die Hand, um mit Mitarbeitenden umgehen zu können, die z. B. kurz vor einem Burnout stehen. Ich habe viele Kommunikations- und Gesprächsführungstechniken gelernt, die mir heute helfen, anderen zu helfen. Als Caterer arbeiten wir mit Managementverträgen, und das Systemische Coaching biete ich heute den Führungskräften unserer Kunden an.

Mein persönlicher Benefit der Ausbildung: Ich habe gelernt, die Dinge auch durch eine andere Brille zu sehen, mich zurückzunehmen, zu reflektieren. Ich weiß, welche Wirkung meine Körperhaltung auf andere hat und wie ich mit nachhaltiger Wirkung Impulse für Veränderungen geben kann.“

Sie suchen einen Coach?

  • Die auf Business-Coaching spezialisierte Rauen Group hat eine Liste von Coaching-Verbänden und -Netzwerken in Deutschland veröffentlicht und unterstützt auch bei der Coaching-Suche.
  • Eine weitere Auflistung der wesentlichen Coaching-Verbände, die jeweils verlinkt sind und bei der Suche nach passenden Coaches weiterhelfen, gibt es hier.
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Serie Weiterbildungs-Navi

Regelmäßige Weiterbildung bildet den Grundstein, um das eigene Team kompetent, motiviert und agil zu halten. Doch wie kann eine erfolgreiche Weiterbildungsstrategie aussehen? Mit unserer Serie „Weiterbildungs-Navi“ wollen wir Sie durch das Dickicht der Weiterbildungs-Chancen und -Hürden führen.
Bisherige Teile verpasst? Nachzulesen sind die Teile online:
Warum es Sinn macht, mit System vorzugehen, zeigt Teil 1 auf.
Wie Weiterbildung zum Profilierungs- und Bindungs-Tool wird Teil 2.
Teil 3 widmete sich digitalen Weiterbildungsmethoden.
In Teil 4 geht es um Förderungsmöglichkeiten für Weiterbildungen.

Quelle: Cornelia Liederbach für B&L MedienGesellschaft

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